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Unabhängig - Vom Trinken und Loslassen

„Es ist eine gute Zeit für den Feminismus. Es ist auch eine gute Zeit fürs Nüchternsein.“



Während der Alkoholkonsum in der Gesellschaft allgemein ein wenig zurück geht, nimmt er bei einer Gruppe zu: Junge gebildete Frauen leben immer häufiger nach dem Motto "zu Vino sag ich nie no!"

Aber warum ist das so? Eva Biringer geht dieser Frage nach und verbindet dabei ihre eigene Geschichte mit denen vieler anderer (ehemals) trinkender Frauen und entlarvt die patriarchalen Strukturen, die dahinterstecken könnten.

 

Betrunken konnte sie sich „all die Gefühle erlauben, die [sie] tagsüber so erfolgreich verdrängte, das volle Glas immer in Reichweite.“ Frauen trinken häufig auch „als Gegengewicht zu einem Alltag, der zu viel fordert.“ Um Umstände, Beziehungen und Anforderungen auszuhalten, die sich nüchtern scheinbar nicht ertragen lassen. „Für alle ist das Glas Wein am Ende des Tages Belohnung, Rettungsanker und ein Maulkorb für die innere Kritikerin." Alkoholkonsum ist ein Überlebensmechanismus im Patriarchat und zugleich sein Unterstützer.

 

Alkohol enthält für Frauen eine Doppelmoral, er wird ihnen einerseits als Strategie der Rebellion und Emanzipation verkauft, andererseits wirkt er wie ein Betäubungsmittel, um weibliches Aufbegehren zu verhindern. „Ich hatte getrunken, um zu einer anderen Version meiner selbst zu werden, tough, stolz, emanzipiert. Das Verrückte: In dem Moment, in dem ich damit aufhörte, bin ich genau das geworden.“

 

Eva Biringer erzählt ihre persönliche Geschichte der Alkoholabhängigkeit, reflektiert ihre Sucht und legt Intimes und Emotionales offen. Sie erzählt von gescheiterten und ungesunden Beziehungen, rauschbedingten Affären, ihrer Essstörung und wie das alles mit dem Alkoholrausch zusammenhängt. Der Alkohol war ihre wahre große Liebe, „ die einzige Beziehung, die über die Jahre gehalten hatte, egal wie toxisch sie war.“ 

 

Nicht mehr wissen, was in der Nacht zuvor passiert ist, sich in gefährliche Situationen bringen, nicht mehr in der Lage sein Nein zu sagen, oder überhaupt zu wissen, was man will, alles das bringt Alkoholkonsum mit sich.

 

Am Ende stellt sich die Frage: „Wäre mein Leben besser ohne Alkohol?“ Eva Biringer zeigt, dass es sich lohnt den Alkohol aufzugeben, wenn man dafür Freiheit und Klarheit bekommt und endlich wieder im Kontakt zu sich steht. Dieser ist zwar nicht immer einfach, aber auf lange Zeit lohnt es sich, alle Gefühle zu fühlen, statt sie regelmäßig runterzuspülen und das eigene revolutionäre Potential in Cocktails zu ertränken.

 

„In jeder betrunkenen Frau wohnt eine nüchterne. Und wenn die erst mal leben darf, kann sie nichts und niemand aufhalten.“


Unabhängig

Vom Trinken und Loslassen

 

von Eva Biringer

erschienen April 2022

bei HarperCollins

 

Rezensionsexemplar / unbezahlte Werbung


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