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Die Singuläre Frau

Junggesellin, Egoistin, alte Jungfer, Schlampe, Katzenlady, Powerfrau, ein hoffnungsloser Fall. Für die Single-Frau gibt es viele Namen. Die Journalistin Katja Kullmann hat einen neuen für sie gefunden: "Die Singuläre Frau". 

 



 

Für weiblich gelesene Personen ist das Single-Dasein immer noch ein größerer Normverstoß. Männliche Singles werden dagegen eher idealisiert. Deshalb ist die Singuläre Frau in gewisser Weise auch eine queere Figur, sie steht sozusagen ihren eigenen Mann. Katja Kullmann meint, dass nicht jede singuläre Frau automatisch auch eine Feministin ist, aber ihre Lebensart ist durchaus eine feministische. Im Unterschied zur Single-Frau, die noch immer nach Erfüllung durch eine Partnerschaft mit einem Mann sucht, ist die Zufriedenheit der singulären Frau nicht abhängig von männlicher Anerkennung oder Zuwendung. Ihr Leben ist nicht um einen Mann zentriert, sondern bezieht sich in erster Linie auf sich selbst.

 

Single-Frauen haben und hatten nicht unbedingt den besten Ruf in der Gesellschaft. Die Soziologin Bella DePaulo spricht in ihrem Buch “Singlism” sogar von einer Diskriminierungsform. Singles werden nicht nur mit Vorurteilen konfrontiert, sondern sie erfahren auch ökonomische Benachteiligung: teurere Versicherungen, mehr Steuern, der Einzelzimmerzuschlag im Hotel und die kleine teurere Toastbrotpackung. Singles zahlen mehr und sie sind schlechter abgesichert. Im Hinblick auf die wachsende Zahl von Single-Haushalten passt die gesetzliche Lage nicht mehr zur gesellschaftlichen Realität. 

 

Die Singuläre Frau hat sich in den letzten 250 Jahren entwickelt und ausgebreitet. Für viel Frauen hat sich der Fokus ihres Lebens in den letzten Jahrzehnten verschoben und er tut es immer mehr. Familiengründung wird immer unwichtiger oder kommt viel später, Karriere und Unabhängigkeit rückt dafür mehr in den Fokus. Frauen sind jetzt ökonomisch nicht mehr abhängig von einem Mann, sie kommen alleine zurecht, vielleicht sogar besser...

 

Katja Kullmann überzeugt mit ihrem gesellschaftskritischen Blick und der präzisen Auseinandersetzung mit der Singulären Frau, alles mit einer großen Portion Humor und Selbstironie. Da die Autorin selbst heterosexuell und monogam ist, werden andere Modelle von Beziehung und Begehren leider nicht behandelt. Aber ihr Buch bietet eine gute Mischung an Stimmen anderer singulärer Frauen und zeigt die Vielfalt der Lebensformen.

 

Ob ihr single seid oder nicht, egal welcher Frauengeneration ihr angehört, wie euer Beziehungsstatus aussieht, dieses Buch ist definitiv lesenswert. Denn wie Katja Kullmann selbst sagt: „In jeder Frau steckt eine Frau ohne Begleitung, ob sie will oder nicht.“ Die Singuläre Frau kann es erst frisch sein oder schon lange, sie war es vor ihrer ersten Beziehung und sie ist es vielleicht eines Tages wieder, vielleicht bleibt sie es auch für immer. Sie kann es genießen oder sie kann es hassen. Sie kann auf der Suche sein oder es aufgegeben haben, aber vielleicht hat sie auch das wahre Glück darin gefunden, alleine mit sich selbst zu sein.


"Die Singuläre Frau"

Katja Kullmann

 

erschienen 2022 im Hanser Verlag

Rezensionsexemplar


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