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Against White Feminism

Rafia Zakaria hat mit "Against White Feminist" eine Kritikschrift verfasst, die wegweisend für einen intersektionalen Feminismus sein soll, aber so ganz überzeugen konnte sie mich damit leider nicht.

 

Rafia Zakaria zeigt an verschiedenen Beispielen, wie sich der "Weiße Feminismus" äußert und welchen Schaden für die Bewegung anrichten kann. An vielen Punkten hatte ich aber meine Probleme mit der Argumentation der Autorin. Ihrer Hauptthese kann ich komplett zustimmen und zumindest anfangs war ich noch sehr begeistert, aber da kamen beim Lesen doch einige Fragezeichen auf und manches wurde nicht differenziert genug im Buch ausgearbeitet.

 

An einer Stelle werden Schönheitsoperation mit Genitalverstümmelung verglichen, was meiner Meinung nach unverhältnismäßig ist. Auch mit den Ausführungen zu Terrorismus konnte ich nicht ganz mitgehen, aber dazu fehlt es mir wahrscheinlich auch an eigenem Hintergrundwissen. Einige Punkte ihrer Argumentation wurden nicht ausreichend erläutert, so dass ich der Autorin gedanklich manchmal nur schwer folgen konnte. Leider kommen auch viele Verallgemeinerungen zum Tragen, die erstmal mehr Abwehr und Irritation beim Lesen auslösen als Verständnis.

 

An vielen Stellen habe ich mich selbst angesprochen gefühlt, denn auch ich habe lange mein Wissen über Feminismus hauptsächlich von weißen cis privilegierten Frauen bezogen und ich bin selbst eine von ihnen. Gerade deshalb fällt es mir schwer eine Kritik zu formulieren, die sich nicht als Abwehrmechanismus äußert oder der Autorin ihr Empfinden absprechen soll. Die Grundgedanken und die Hauptthese des Buches finde ich sehr gut, aber in der Argumentation stehen immer wieder solche Irritationen, dass ich am Ende eher unbefriedigt zurückbleibe.

 

In seiner Grundidee finde ich das Buch sehr wichtig und viele Argumente kann ich auch voll unterschreiben und verstehe die Wut der Autorin auf weiße Feministen und die Tradition der Weißen Vorherrschaft und Unterdrückung. Es braucht definitiv eine intersektionalere Sichtweise auf Feminismus und eine Verlagerung der Stimmen und der Macht. Aber das gilt eben auch in Bezug auf Klassenunterschiede, trans und nicht-binäre Frauen, behinderte Frauen oder Sexarbeiterinnen, was hier leider kaum einbezogen wird.

 

Eine intersektionale Perspektive auf Feminismus und ein kritischer Umgang mit den eigenen Privilegien aufgrund Faktoren wie Race, Gender, Class usw. sind wichtig, aber ich frage mich doch, ob der hier gewählte Ansatz besonders hilfreich ist, um die feministische Bewegungen in seiner Gänze weiterzubringen oder nicht doch zu mehr Ausdifferenzierung und Spaltungen führt. Die Autorin spricht sich dafür aus, dass mehr Stimmen von WoC in den Diskurs mit einbezogen werden müssen, leider tut sie das in ihrem Buch aber auch nicht in einem wünschenswerten Maße. Am Schluss hat mir vor allem ein positiver Ausblick gefehlt, denn kritisiert wurde einiges, auch zurecht, aber an Vorschlägen für Verbesserungen und Bündnissen mangelt es dem Buch leider.


Fazit:

"Against White Feminism" ist definitiv keine leichte Lektüre und sie regt sehr zum Nachdenken und Hinterfragen eigener Überzeugungen an, vieles in diesem Buch werde ich wahrscheinlich nochmal lesen müssen und es wird mich noch eine Weile beschäftigen. Außerdem habe ich hier viel Neues lernen dürfen, Begriffe wie "Wahl-Feminismus" und die kritische Betrachtung von Beauvoir erweitern definitiv meine Perspektive und die Auseinandersetzung mit dem Buch regt zur Selbstkritik an. Daher kann ich das Buch im Großen und Ganzen auf jeden Fall empfehlen und halte es für sehr wichtig im feministischen Diskurs, wenn auch mit einem kritischen Blick auf manche Punkte der Argumentation.


Against White Feminism

Wie weisser Feminismus Gleichberechtigung verhindert

 

von Rafia Zakaria

übersetzt von Simoné Goldschmidt-Lechner

erschienen 2022 bei hanserblau


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