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Herumtreiberinnen

Bettina Wilpert erzählt in ihrem Roman "Herumtreiberinnen" die Geschichte von drei jungen Frauen aus verschiedenen Zeiten. Das Haus in der Lerchenstraße in Leipzig ist das verbindende Element zwischen den Geschichten. Sie alle handeln von den gesellschaftlichen und politischen Umständen der jeweiligen Zeit und den Auswirkungen, die sie auf das Leben der Protagonistinnen haben.

Die Haupthandlung spielt in den 1980er Jahren. Die junge Manja wird aufgrund "unsittlichem Verhalten" in die Venerologische Station für Geschlechtskrankheiten eingeliefert. Dort bleibt sie erstmal für eine unbekannte Zeit lang mit vielen anderen Frauen eingesperrt und leidet sie nicht nur unter den gewaltvollen Untersuchungen, sondern auch an den Bedingungen vor Ort.

 

In den Kapiteln "Wir, in der Lerchenstraße" erklingt die gemeinsame Erfahrung der Frauen in der sogenannten "Tripperburg" im Chor.

 

Die Geschichte ist leider nicht fiktiv, diese Orte gab es damals in der DDR wirklich und sie sollten die "Herumtreiberinnen" gewaltvoll disziplinieren und gefügig machen. Die Frauen wurden dort meist vollkommen willkürlich festgehalten und physisch und psychisch misshandelt, weil sie angeblich zur Verbreitung von Geschlechtskrankheiten beitrugen.

 

Auch die Geschichte von Lilo, die gemeinsam mir ihrem Vater im kommunistischen Widerstand arbeitet, basiert auf wahren Ereignissen in Leipzig in den 1940er Jahren. Ihr Vater ist immer wieder Verfolgungen der Nazis ausgesetzt, muss untertauchen, wird verhaftet und schließlich wird auch sie selbst erwischt und in der Lerchenstraße festgehalten.

 

Die Geschichten der drei Frauen sind geschickt miteinander verwoben und obwohl man beim Lesen drei Erzählsträngen gleichzeitig folgt, wird es an keiner Stelle unübersichtlich oder verwirrend. Leider hatte aber die Geschichte von Robin, die in den 2010er Jahren in dem Haus arbeitet, das jetzt eine Geflüchtetenunterkunft ist, nur wenig Raum.

 

Bettina Wilpert hat mich mit ihrem Schreibstil direkt abgeholt und ich habe das Buch in kürzester Zeit weggelesen. Mein einziger Kritikpunkt ist, dass es schon so schnell zu Ende war und ich gerne noch mehr über die Figuren, ihr Leiden und ihren Widerstand erfahren hätte.


Herumtreiberinnen

 

von Bettina Wilpert

erschienen am 8. März im Verbrecher Verlag

 

 Rezensionsexemplar / unbezahlte Werbung

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