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Der verkaufte Feminismus

Hat der Kapitalismus den Feminismus gekauft und ist das Politische nun wieder privat geworden? 

 

Die österreichische Autorin Beate Hausbichler deckt in ihrem Buch "Der verkaufte Feminismus" die individualisierenden Fallstricke des markttauglichen Feminismus auf und zeigt an vielen Beispielen, dass sich hinter dem Label "Feminismus" häufig die neoliberale Doktrin von Konsumzwang und Selbstoptimierung versteckt.



 

Wenn kapitalistische Großkonzerne mit Feminismus und Diversität werben, stellt sich zurecht die Frage, ob es sich nur um eine Marketing Strategie handelt oder ob authentische Werte dahinter stehen. Dies betrifft besonders die Schönheitsindustrie, gegen die sich der Feminismus in seinen Grundsätzen eigentlich auflehnt. Hausbichler bezeichnet diese Werbestrategien, in denen Feminismus zu Werbezwecken für Produkte umgedeutet werden, die grundsätzlich wenig mit Feminismus zu tun haben, als "Femvertising" und Feminist-Washing. Wenn z.B. in Rasierwerbespots plötzlich Slogans für das Selbstbestimmungsrecht (My Body - My Choice) umgedeutet werden, wirkt das besonders anmaßend, denn glatt rasierte Beine machen Abtreibung nicht zugänglicher.

 

In all diesen Werbeversprechen von Freiheit und Selbstbestimmung steckt aber gar keine freie Entscheidung, denn die Option nicht zu konsumieren, gibt es hier nicht. Es wird vielmehr vermittelt, dass wir uns erst mit all diesen scheinbar feministischen Produkten eindecken müssen, um  ausbrechen zu können. Aber Gleichberechtigung gibt es nicht bei Amazon zu kaufen und Ungerechtigkeit lässt sich nicht wegrasieren.

 

In den feministischen Forderungen nacht Autonomie, Selbstbestimmung und Freiheit hat auch der Neoliberalismus sein Entfaltungspotential entdeckt. Plötzlich ist das Private nicht mehr politisch, sondern das Politische wird wieder privat. Die Verantwortung wird auf das Individuum verlagert. Denn wenn man als Frau nicht erfolgreich, schön, sexy, stark uvm. genug ist, dann ist es allein das eigene Verschulden. Das System kann da nichts dafür, denn Frauen stehen ja seit den feministischen Errungenschaften ebenso alle Möglichkeiten offen.  Aber Chancengleichheit im Neoliberalismus ist ein falsches Versprechen und blendet die Realität aus.

 

Die Frage nach der Vereinbarkeit von den Mechanismen von Plattformen wie Instagram und dem politischen Aktivismus darauf hat mich besonders zum Nachdenken gebracht, denn auch ich poste hier zu feministischen und linken Themen auf einer Plattform, die meinen Inhalten und Idealen widerspricht und ich erwische mich immer wieder selbst dabei, wie ich dieses Spiel zwangsläufig mitspielen muss, um Aufmerksamkeit darauf zu lenken.

 

Was ist also dieser markttaugliche Feminismus und woran erkennen wir ihn?

Beate Hausbichler zufolge, ist er daran zu erkennen, dass er viel zu gut ins System passt. Er macht keine schlechte Stimmung, fordert nicht zu viel, bereitet keinen Unmut und löst keine Revolution aus. Und genau da liegt das Problem, denn die wirklichen feministischen Forderungen und Ziele geraten durch die Kommerzialisierung in den Hintergrund und werden abgeschwächt und umgeformt. Und auch vor der Falle der Individualität sollten wir und in feministischen Anliegen in Acht nehmen, denn das Private ist und bliebt politisch. Veränderung beginnt zwar bei uns selbst, es bringt aber nichts, wenn sie dort auch endet.

 

Mein Fazit: Empfehlenswert und interessant, aber leider auch nicht der Knaller.

Inhaltlich gibt das Buch einiges her, aber es fehlt an Tiefe, Querverbindungen und Schlüssen, gerade am Ende ist der rote Faden in der Argumentation undeutlich. An vielen bleibt es mir zu oberflächlich, war stellenweise repetitiv und konnte mich nie so wirklich packen. Dennoch ist das Buch lohnenswert zu lesen, auch weil es sehr zugänglich geschrieben ist weniger komplex wie bspw. theoretische Werke von Eva Illouz. Die vielen Beispiele, die die Autorin Beate Hausbichler heranzieht, machen die Brisanz der Thematik sehr deutlich und schärfen den eigenen kritischen Blick auf Konsum, Medien und Karriere im Namen des Feminismus.


Der verkaufte Feminismus

Wie aus einer politischen Bewegung ein profitables Label wurde

 

von Beate Hausbichler

erschienen 2021 im Residenz Verlag

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