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about schame

„Scham bringt uns dazu, uns zu isolieren, uns von der restlichen Welt abzuwenden. Weil wir glauben, dass niemand anderes Ähnliches erlebt oder empfindet. Wir vereinsamen in unserer Scham. Sie ist es auch, die uns immer wieder aufs Neue davon abhält, das Schweigen zu brechen." (S. 70)

 



Genau dieses Schweigen rund um das Thema Scham, bricht Laura Späth. In ihrem Buch "about shame" geht sie ihrer eigenen Scham auf den Grund, die sie mit dem Bild einer Pflanze beschreibt. Eine Schampflanze, deren Samen irgendwann gesät wurden und die immer weiter gewachsen ist. Sie erzählt von ganz persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen aus ihrer Vergangenheit, und wie sich diese auf ihr gegenwärtiges Leben auswirken. Die Autorin gibt keine Tipps, wie Scham aufgelöst oder überwunden werden kann, aber sie zeigt Möglichkeiten, einen Umgang damit zu finden, bei dem Scham nicht als individuelles Scheitern verstanden wird.

 

Die Schilderungen sind persönlich, ehrlich und intim, sie sprechen Dinge aus, über die selten gesprochen wird, die man vor anderen und vielleicht auch vor sich selbst versteckt. Sie spricht über das Gefühl, anders zu sein, nicht richtig dazuzugehören, über Trauer und Wut, über Selbstverletzung und Essstörung, über Angst und Diskriminierung. Es auszusprechen löst Scham in uns aus, und die soll in unserer Gesellschaft um jeden Preis vermieden werden.

 

Laura Späth setzt ihre Erfahrungen und Gefühle immer wieder in Verbindung mit soziologischen und psychologischen Ansätzen. Sie stellt dabei auch heraus, wie Geschlechternormen auf Schamgefühle wirken und sich über diese verfestigen. So werden weiblich sozialisierte Personen etwa für ihre Wut beschämt und darin unterdrückt, männlich sozialisierte Personen wiederum für beinahe jegliche Art von Gefühl. Dass Menschen ihre Gefühlen und Bedürfnisse verstecken sollen, damit sie in diesem System „funktionieren“, führt zu Scham für deren Ausdruck.

 

Die Scham entsteht zwar in unserem Inneren, aber die Beschämung geht stets von außen aus und ist mit Macht verbunden, die zu Ausschluss und Unterdrückung führt.

 

Letzendlich ist Scham kein individuelles, sondern ein politisches Gefühl. Es hängt davon ab, was in der Gesellschaft als „normal“ gilt und wie die Machtverhältnisse sind. Daher reicht es nicht, Scham auf einer individuellen Ebene anzugehen, sondern es muss ein kollektiver politischer Umgang damit gefunden werden.

 

Fazit: 5/5 ⭐️

Ich kann euch „about shame“ sehr an Herz legen, wenn ihr euch näher mit der Funktionsweise von Scham beschäftigen möchtet. Ich hatte nicht gedacht, wie wirkmächtig Scham auch für mich ist, bis ich dieses Buch gelesen habe. An vielen Stellen konnte ich mich in Laura Späths Schilderungen wiederfinden und hatte damit ein intensives, erkenntnisreiches, aber auch teilweise schmerzhaftes Leseerlebnis. 


about shame

 

von Laura Späth
hat auch einen empfehlenswerten Podcast "unverschämt & unbesprochen"

 

erschienen 2021 bei &töchter

der Verlag produziert nicht nur tolle Bücher, sondern auch nachhaltig und klimaneutral

 

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