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Let me be Christl Clear

(Rezensionsexemplar)

Kein Lebensbereich bleibt unberührt von den unerfüllbaren und widersprüchlichen Erwartungen, die an Frauen* gestellt werden.

 

Wir sollen schön sein, aber nicht zu sexy, Kinder kriegen und den Haushalt schmeißen, aber auch unbedingt Karriere machen, auf uns selbst Acht geben, aber immer hilfsbereit bleiben

... bitte was?

 

Die Autorin Christl Clear bricht bewusst mit diesen Erwartungen und will ihre Leser*innen dazu animieren, es ihr gleich zu tun.

 

In 20 kurzen Kapiteln schildert sie ihre eigenen Erfahrungen mit Diskriminierungsformen, gibt private Einblicke in ihr Inneres und rechnet mit dem Patriarchat ab.

 

Es geht um Themen wie Sex, Freundschaft, Beruf, Mutterschaft, aber auch um Rassismus, Schönheitsnormen und mentale Gesundheit.



Inhalt:

In den einzelnen Kapitel wendet sich die Autorin Christl Clear in Form von kurzen Essays verschiedenen Themen, die mit den gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen* zusammenhängen. Dazu erzählt sie jeweils von ihren eigenen Erfahrungen und hinterfragt den Status Quo des Patriarchats. Sie gibt Informationen und Tipps, wie frau* sich von den gesellschaftlichen Erwartungen lösen kann und mehr Selbstbestimmung erlangt.

 

In dem Buch sind viele wichtige Informationen und Botschaften enthalten, aber für mich persönlich war da nicht viel Neues dabei. Oft werden Themen angeschnitten und Begriffe in den Raum geworfen, die dann leider nicht weiter ausgeführt und erklärt werden, was für Leser*innen, die erst neu auf dem Gebiet sind, vielleicht etwas überfordern kann. Da hätte ich mir dann doch jeweils etwas mehr Fokussierung auf einen Aspekt und dort dann mehr Tiefgang oder Verweise auf weiterführende Literatur gewünscht.

 

Christl Clear bezieht zwar klar Stellung und steht auf der Seite der queeren Community, dennoch benutzt sie den Begriff "Frau" unkommentiert, gendert uneinheitlich und geht nur sporadisch auf queere Themen ein. Da reicht für mich auch der Aufruf am Ende nicht.

 

Inhaltlich kann ich aber allen Botschaften, die die Autorin vermittelt, grundsätzlich zustimmen. Die Anteile von persönlichen Erfahrungen, allgemeinen Phänomenen und Ratschlägen sind sehr gut ausgeglichen und gelungen. Besonders berührend fand ich das letzte Kapitel, in dem sie einen intimen Einblick in ihren (bisher) unerfüllten Kinderwunsch und ihre Erfahrung mit IVF gibt.

 

Form:

Der Buchumschlag ist aus dünnem Holz, die Essays sind kurz und wichtige Stellen größer gedruckt. Das Design in pink-grau ist schlicht gehalten, aber fällt auf und weckt Interesse.

Besonders gut haben mit die Illustrationen im Buch gefallen, die sehr viel Diversität zeigen.

 

Die Sprache ist einfach zu verstehen, locker und teils auch humorvoll mit einem österreichischen Touch. Das Buch liest sich, als würde mir eine gute Freundin Mut zusprechen und liefert viele eingängige Botschaften. Beim Lesen sind mir aber leider einige Rechtschreibfehler aufgefallen.

 

Fazit: 3,5/5 ⭐️

"Let me be - Christl Clear" ist meiner Meinung nach ein super Einstieg in feministische und antirassistische Themen und bietet konkrete Anhaltspunkte für die Leser*innen.

 

Die kurzen Essays geben Imput und Informationen, überladen eine*n aber auch nicht damit. Manchmal fehlt es den einzelnen Kapitel jedoch an Tiefe und wichtige Themen werden nur kurz angeschnitten. Wer sich schon länger mit Rassismus und Feminismus beschäftigt und dazu viel gelesen hat, wird hier wahrscheinlich auch nicht allzu viel Neues finden.

 

Die Illustrationen sind sehr passend und durch die Sprache und das Design gibt das Buch ein schönes Gesamtbild ab. Die verschiedenen komplexe Themen werden auf eine leicht zugängliche Weise an die Leser*innen vermittelt. Der Ausgleich zwischen persönlicher Erfahrung, allgemeinen Missständen und Hilfestellungen ist sehr gut gelungen und das alles in einem lockeren sprachlichen Ton.

 

Insgesamt also eine ermutigende Lektüre, die einen super Einstieg in die ganze Thematik bietet und dazu noch sehr schön gestaltet ist!


Let me be - Christl Clear

mit Illustrationen von Leni Charles

erschienen 2021 beim Verlag Kremayr und Scheriau in Wien

 

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar!

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