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„Die freie Frau wird gerade erst geboren.“

 

Das schrieb in den 50er Jahren die französische Autorin und Philosophin Simone de Beauvoir. Ihr bekanntes feministisches Werk „Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau“ leistete damals einen großen Beitrag für die Frauenbewegung und zeigt bis heute Wirkung. Beauvoir zeigt darin in aller Deutlichkeit, welche Auswirkungen das Patriarchat auf das Leben von Frauen hatte und teilweise immer noch hat. Die Unterdrückung der Frau resultiert aus ihren gesellschaftlichen Bedingungen und der Rolle, die ihnen auferlegt wird.

 

"Man wird nicht als Frau geboren. Man wird dazu gemacht.“

 

Beauvoir widerspricht damit dem Essentialismus, der von einem grundsätzlichen Unterschied der Geschlechter ausgeht und damit Ungleichbehandlung rechtfertigen will. Sie fordert dagegen eine Befreiung von den Anforderungen und Einschränkungen, welchen Frauen durch ihr Geschlecht ausgesetzt werden.

"Das andere Geschlecht" ist ein wirkmächtiges Werk in der Philosophie und der Gender-Debatte. Leider habe ich selbst in meinem Philosophiestudium erst spät und dann nur am Rande davon gehört, was wieder einmal zeigt, dass auch in der universitären Lehre die Aufmerksamkeit für Frauen und ihre Leistungen bedauerlicherweise fehlt.


Wie frei ist Frau heute?

 

In vielen Bereichen sind wir mittlerweile über die Hierarchie der Geschlechter hinweg und auf einem guten Weg in Richtung Gleichberechtigung. Als Frau geboren zu werden, bedeutet nicht mehr unbedingt die Anforderung der Rolle der Frau erfüllen zu müssen und diese Rolle wurde mittlerweile deutlich ausgeweitet. Weiblich gelesene Personen haben mehr Rechte und Möglichkeiten als damals, sie können ihr Leben selbst bestimmen. Frauen können heute mehr sein als Hausfrau und Mutter, sie dürfen ihre Sexualität frei ausleben, aber sie erleben oft immer noch täglich Sexismus, begegnen Vorurteilen, die sie auf ihre Emotionen reduzieren.

 

Aber die Vorurteile und Begrenzungen der Frauen, die Beauvoir behandelt, stecken noch immer in uns allen und beeinflussen, wie wir über uns selbst und andere denken. Nicht alle sind bereit dazu, die freie Frau zu akzeptieren und ihr Platz zu machen, meist sind das Männer, die denken sie würden dadurch etwas verlieren. Es gibt nichts zu verlieren, außer die Fesseln des Patriarchats. Denn wir alle leiden unter den vorgefertigten Rollen, in die dieses System uns zwängt.

 

Die Befreiung der Frau muss mit der Befreiung aller Menschen einhergehen, ganz unabhängig vom Geschlecht und sonstigen Identitätsfaktoren. Gleichheit und Gerechtigkeit auf allen Ebenen, das bedeutet für mich Feminismus! Eine Welt, in der wir alle frei von vorgefertigten Kategorien leben und uns unabhängig davon selbst definieren und verwirklichen können. Aber für diese Welt muss noch eine Menge getan werden...

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