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"Sex ist alles andere als selbstverständlich, sobald wir vom Menschen sprechen."

Wir halten uns für aufgeklärt, unsere alltägliche Welt ist in höchstem Maße sexualisiert, aber welchen Platz nimmt Sex in unserer Kultur ein? Was bedeutet der Begriff Sex überhaupt? Wie wurde er in der Philosophie definiert und wie können wir selbst Sex für uns neu und positiv erfassen und erfahrbar machen?

 

Die Philosophin Bettina Stangneth möchte sich vom negativen Blick auf Sexualität abwenden und eine neue positive Sexkultur entwerfen, in der wir freier über Sex denken und sprechen. Was ist überhaupt Sex? Um dieser Frage nachzugehen, bedient sie sich der Philosophie, die wissenschaftliche Disziplin, die Begriffe klären und fassen möchte.

In der europäischen Tradition wird Sexualität als Teil der tierischen Natur verstanden und steht im Gegensatz zur Kultur. Von dieser Natur soll der Mensch sich abgrenzen, sie übersteigen, beherrschen, um sich als vernunftvolles Wesen erheben zu können.

 

Auch wenn wir heute Sexualität meist nicht mehr als verderblich und teuflisch betrachten, gibt es immer noch wenig Raum für positive Konnotationen. Wenn wir über Sex sprechen, dreht sich vieles immer noch um Gewalt, Ängste, Scham.

 

Missstände lassen sich oft einfacher zur Sprache bringen, es bietet mehr Diskussionsgrundlage, denn leider haben wir fast alle irgendetwas zu erzählen, wenn es um schlechten Sex und negative Erfahrungen geht. Dies auszusprechen und sich auszutauschen ist wichtig, aber haben wir auch Worte für die schönen Seiten, wenn es um den Sex geht, den wir hatten, haben oder haben wollen? Positiv über Sex zu sprechen fällt aber häufig schwer, sich und andere zu fragen, was man wirklich will und mag, kostet meist große Überwindung und endet oft im verlegenen Kichern.

"Wer Sex unbedingt im Dunklen halten will, bekommt nichts Besseres als Dunkelheit. Wer Dunkelheit überwinden will, muss über Licht sprechen."

Ich war anfangs sehr begeistert und gespannt auf diese philosophische Betrachtungsweise, aber leider fehlt für mich eine klare Struktur, sowohl grob inhaltlich, als auch innerhalb der Argumentationen. Die einzelnen Kapitel lesen sich wie kurze Essays, in denen die Autorin versucht ihre eigenen Erfahrungen und Beobachtungen mit komplexen philosophischen Theorien und Begriffen zusammenzubringen.

 

Leider konnte ich mit dem Buch nicht viel anfangen, das Lesen hat sich zäh angefühlt und mir wurde im Verlauf immer unklarer, auf was die Autorin nun hinaus will.

 

Mit dem Anspruch einer philosophischen Betrachtung hätte ich mir eine klarere Struktur und einen roten Faden gewünscht, den habe ich hier aber leider erfolglos gesucht. Es gibt leider nicht einmal ein Inhaltsverzeichnis, keine Fußnoten und Kommentare, was dem ganzen seinen wissenschaftlichen Charakter sehr zunichte macht und es für mich schwer gemacht hat, dem Buch in seiner Komplexität inhaltlich zu folgen und etwas daraus mitzunehmen. Sehr schade, da ich den Ansatz und die Anfänge sehr interessant fand, aber sich meine Erwartungen leider nicht erfüllt haben.

 

Es würde mich interessieren, was euer Leseeindruck von "Sexkultur" von Bettina Stangneth ist und ob ihr ähnliche oder ganz andere Gedanken dazu habt.

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