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Kann nicht das Schweigen unsere Sprache sein?

Vater und Ich - Dilek Güngör

(Rezensionsexemplar)

 

Ipek ist Journalistin, mit Menschen zu sprechen ist ihr Beruf, doch bei ihrem Vater verfällt sie ins Schweigen.

Als ihre Mutter für ein verlängertes Wochenende mit Freundinnen Urlaub macht, besucht sie ihren Vater in ihrem alten Zuhause, um stumm an seiner Seite zu verharren. Stück für Stück setzt sich die Beziehung zwischen Vater und Tochter aus Rückblenden und gegenwärtigen Momenten zusammen. Eine Beziehung, die mit den Jahren immer mehr an Nähe verlor und schließlich an einer gemeinsamen Sprache.

 

„Wir müssen über das Machen zum Machen kommen und über das Sprechen zum Sprechen. Erstmal anfangen und dann sehen, was daraus wird.“

 

Die Autorin Dilek Güngör erzählt von dem Versuch der Protagonistin eine gemeinsame Sprache zwischen Vater und Tochter zu finden. Mit kleinen Anekdoten, alten Witzeleien und Tätigkeiten im Haus kommen sich die beiden näher, wenn auch immer eine gewisse Distanz bewahrt wird. Das Unausgesprochene kommt in Ipeks Gedanken zu Wort, aber dort bleibt es auch, die Sprachlosigkeit steht zwischen der Unterhaltung der beiden.

 

 „Können wir wir selbst bleiben, den Abstand lassen und uns trotzdem nah sein?"

 

Eindrücklich und vorsichtig zugleich beschreibt Dilek Güngör diese Vater-Tochter-Beziehung, die sich irgendwo zwischen Nähe und Distanz im Schweigen verfangen hat. Sie wechselt in ihrer Erzählung immer wieder zwischen Beschreibungen der Gegenwart und der Vergangenheit, was das veränderte Verhältnis zwischen Vater und Tochter sehr deutlich macht.

 

„Vater und Ich“ hat mich an vielen Stellen sehr berührt und auch an die Beziehung zu meinem eigenen Vater erinnert. Ich hätte liebend gerne nochmal 100 Seiten mehr davon gelesen!

 


"Vater und Ich" von Dilek Güngör

Erschienen 2021 im Verbrecher Verlag Berlin

- Rezensionsexemplar -

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