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Komplett Gänsehaut


 "Grundsätzlich wird ohnehin nicht gespielt oder etwas mit Begeisterung gemacht, so als wäre es lächerlich, den Versuch zu unternehmen, absichtlich Freude zu empfinden. Es gibt dieses fundamentale Missverständnis, Ernsthaftigkeit sei tiefsinnig und Humor sei oberflächlich, [...]" (S. 46) 


In einer ironischen Grundhaltung, zusammengesetzt aus vielen kleinen Erfahrungen, erzählt die Protagonistin vom Leben als Teil der Millennials. Eine Generation, die sie verabscheut und kritisiert, deren Klischees sie aber durchweg immer wieder erfüllt.

 

Ich selbst bin 1998 geboren und würde mich daher irgendwo zwischen GenZ und den Millennials einordnen. Dazu kommt das Aufwachsen als weißes Kind in der oberen Mittelschicht. Mit vielen Gedankengängen und Verhaltensweisen kann ich mich auch identifizieren oder sehe sie zumindest bei älteren Freund:innen.

 

Entgegen vieler Kritiken, die ich gelesen habe, möchte ich klar zwischen der Autorin und der Protagonistin unterscheiden. Passmann sagt auch selbst in einem Interview mit der taz, dass das kein autobiografisches Werk ist, auch wenn viele Erfahrungen sie selbst und ihre Generation betreffen, ist sie nicht mit der Protagonistin gleichzusetzen.


"Ich ärgere mich über diese ganzen Bücher, die man gelesen haben sollte, weil mir das oft zu lange dauert, Weltliteratur ist nichts anderes als Männer, die sich kurz fassen wollen." (S. 30)


Anfangs war ich sehr angetan und amüsiert über die zugleich witzigen und schmerzlich treffenden Beschreibungen der Protagonisten aber als ich merkte, dass sich diese Grundhaltung über die ganzen ca. 170 Seiten zieht, wurde es mir doch etwas zu stumpf.

 

Die Protagonisten macht nicht wirklich eine Entwicklung durch, es fehlt ihr selbst und der ganzen Handlung an Tiefe und Sinnhaftigkeit. Vielleicht ist es gerade der Punkt, an dem Passmann Kritik an ihrer eigenen Generation üben möchte, dass trotz all des innerlichen Unbehagen, keine wirklichen Veränderungen in Angriff genommen werden. Dass sie zwar einen Schritt hinaus in die Welt geht, aber doch in ihrem ironisch distanzierten Blick auf sie verharrt.

 

Insgesamt fand ich "Komplett Gänsehaut" eine angenehme Lektüre zur Unterhaltung, aber auch nicht weltbewegend. Gegen Ende wurde es ein wenig zäh, nicht nur inhaltlich, auch der Schreibstil mit den langen zusammengesetzten Sätzen wurde irgendwann anstrengend und ich wurde der Protagonistin müde. Sie redet und redet, aber es passiert doch nicht wirklich etwas.

 

Nach dem Lesen habe ich mich einfach gefragt, was ich damit jetzt anfangen soll. Was war der Sinn dieser Erzählung? Hat sie überhaupt einen, sollte sie überhaupt einen haben? Oder ist es gerade diese ironisierende Sinnlosigkeit, in der sich die Generation der Millennials abzeichnet?

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