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Eine neue Sprache der Liebe?

„Radikale Zärtlichkeit. Warum Liebe politisch ist" - Şeyda Kurt

Das Wort Liebe ist bedeutungsschwer, mit unzähligen widersprüchlichen Konzepten besetzt, scheint undefinierbar. Und doch wird so oft von der Liebe gesprochen, aber sprechen wir auch darüber, was es wirklich für uns bedeutet?

 

In „Radikale Zärtlichkeit“ bricht Şeyda mit diesem Schweigen und eröffnet einen Raum, Liebe neu auszuhandeln, radikal und zärtlich zugleich.

 

Liebe und Politik sind keine voneinander losgelösten getrennten Spären. Beziehungen sind keine rein privaten, individuellen Angelegenheiten, sondern stehen im engen Zusammenhang mit den politischen Verhältnissen. Dies anzuerkennen, eröffnet neue Handlungsräume, denn wir können in diesem System erst ausbrechen, wenn wir erkennen, welche Rolle wir darin spielen.

 

Patriarchat, Kapitalismus und Rassismus hängen aufs Engste miteinander zusammen, sie bedingen sich gegenseitig. Dabei dient die Hetero-Monogamie gerade dazu, dieses System aufrechtzuerhalten, Grenzen zu setzen, Liebe zu einem Eigentum zu machen, ein begrenzten Gut, bei dem es Maß zu halten gilt. „Als wären Intimitäten mit anderen Menschen Anhäufungen, die ein Loch in uns füllen sollen, in das wir mehr und mehr Stücke stopfen.“ 

 

Die Konstruktion der Liebe als etwas Unaussprechlichkeit erzeugt innerhalb von Beziehungen wirksame Machtstrukturen, denn Normen und Erwartungen sind gerade dort am wirksamsten, wo sie nicht ausgesprochen, sondern einfach als gegeben hingenommen werden. 

Sprache hat eine unglaubliche Macht, sie formt unsere Wirklichkeit. Wenn wir eine neue eigene Sprache für unsere Beziehungen finden, können wir diese auch nach unseren Vorstellungen neu gestalten. Wir können miteinander aushandeln, was Liebe für uns bedeutet, statt uns in vorgegebe Konzepten pressen zu lassen und daran kaputt zu gehen.

 

Dafür entwirft Şeyda Kurt ein Alphabet der Zärtlichkeit. Gegen die Unaussprechlichkeit der Liebe und für gegenseitigen Austausch und Anerkennung, mit allen Wiedersprüchen und Unklarheiten.

 

Dieses Buch hat einiger der Gedanken zu Papier gebracht, die schon lange haltlos in meinem Kopf herumschwirrten. Umso schwieriger fiel es mir, dem gerecht zu werden, was es enthält, was es in mir ausgelöst hat, zwischen kleinen Schmunzlern, tiefem Schlucken und aufgebrachtem Markieren.

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